2024 PAMPINALE VIII: DaSein - Druckgrafik und FotoGrafik
Die große Ausstellung in der Kunsthalle (28. 5. - 14. 7. 24) stand im Zeichen der Druckkunst, die 2018 von der UNESCO in das immaterielle Kulturerbe aufgenommen wurde.
Felix Fugenzahn, Hartmut Hornung und Hellmut Martensen – die ausgewiesenen Könner klassischer Druckgrafik – bearbeiten die sie bewegenden DaSeins-Themen in Siebdruck, Radierung und Direktätzung auf Zinkplatten. Mit der Präsentation der Arbeiten dieser drei Künstler führt kulturforum PAMPIN die verdienstvolle Ausstellungsreihe von GRAPHIK NORD in neuer Form als GRAFIK-MV fort. Wolf Art setzt mit FotoGrafik zusätzliche Akzente.
Felix Fugenzahn hat sich spezialisiert auf Siebdruck – eine Technik, bei der es, insbesondere bei Vielfarbdrucken, auf höchste Präzision ankommt. Und dabei entstehen spielerisch-leicht wirkende, mit einem Schuss Humor gewürzte Kompositionen, die einen lächeln machen, heiter stimmen.
Seine künstlerische Formensprache ist zwar ungegenständlich (nicht abstrakt), erzählt aber Geschichten. Die Formen, unterstützt von der Farbe, stehen miteinander in Verbindung, gehen Beziehungen ein, kommunizieren miteinander, schaffen eigene Welten. Diese zu entschlüsseln, macht Spaß. Dabei kommt man vielleicht dem Entstehungsprozess eines Bildes auf die Spur und entdeckt die auslösende Idee, die Form, die zuerst Gestalt annahm und sich dann wie von selbst weiterentwickelte zu einem kleinen Kosmos vernetzter Gefüge.
Hartmut Hornung: Radierungen zum Thema ANDREA DORIA
Auszüge aus einem Text, den Hartmut Hornung mit Blick auf seine Ausstellung in Putbus am 21. 02. 2022 notierte.
„In eine der ersten Platten der Radierfolge schrieb ich den Namen Andrea Doria. Wie sich herausstellte war das der Beginn einer programmatischen Ordnung weiterer künstlerischer Attitüden, die ich mit diesem Namen in Verbindung sehe. .......
Die 1952 in Dienst gestellte Andrea Doria (...) war im Jahr 1956 unterwegs von Genua nach New York. Nahe der US-amerikanischen Küste kollidierte das Schiff mit der Stockholm und sank, die Stockholm indes wurde restauriert und von 1960 bis 1985 als DDR-Urlauberschiff »Völkerfreundschaft« in Dienst gestellt.“
Auf und im Zusammenhang mit der Stockholm passierten merkwürdige Dinge, die zum Teil nie aufgeklärt wurden. Die Stockholm erlebte viele Transformationen, wurde u. a. Asylbewerberunterkunft und Drehort für die Casting-Show Germany’s Next Top-Model.
„Das Katastrophenszenario hat mich über die Jahre begleitet und veranlasst mich mit Exzessen menschlichen Verhaltens auseinanderzusetzen. In den achtziger Jahren mit Szenen einer Endzeitstimmung, einer Art postapokalyptischen Realismus, in Abgrenzung zur Vorgabe eines geschönten idealisierten Menschenbildes. Das Heranführen an existenzielle Abgründe wird mir zur Metapher des Untergangs....
In diesem Kontext muss angemerkt werden, der angeblich letzte Funkspruch vor dem Untergang der »Andrea Doria« soll gelautet haben: »Alles klar auf der Andrea Doria«.
Hellmut Martensen: Direktätzung zum Thema "Hochgebirge"
Hellmut Martensen, der alle Druckgrafik-Techniken meisterlich beherrscht, hat sich für eine Werkreihe entschieden, die der weniger bekannten Technik Direktätzung auf Zinkplatten entstammt. Bei dieser speziellen Radiertechnik wird das Motiv mit sehr starker Säure mit einem Pinsel auf die Platte gezeichnet. Die Wiedergabe der Motive wird von Grautönen bestimmt. Diese modulieren die variantenreichen Ansichten eines „Hochgebirges“, die der Künstler während seines Urlaubs zunächst als Zeichnungen angefertigt hat. Sie spiegeln die tiefe Verbundenheit Hellmut Martensens mit der Natur wider, die Ehrfurcht des Flachländers vor der Erhabenheit der Gebirgswelt.
Wolf Art: FotoGrafik zum Thema "Bewegung"
Für Wolf Art ist Bewegung ein Thema, mit dem er sich seit Jahren mit immer neuen Sichtweisen und Zugriffen beschäftigt. Zurzeit ist die FotoGrafik für ihn das Medium, mit dem sich die Thematik besonders tiefgreifend und durchdringend/differenziert erfassen lässt.
Als primäres Element/Moment menschlicher Bewegung und Entfaltung ist für ihn der „Schritt“ das fotografisch festzuhaltende Ausgangsmotiv, das er dann anschließend mittels digitaler Techniken zu FotoGrafiken gestaltet. Hierzu kombiniert er verschiedene Bearbeitungsprogramme, die mehrere Ebenen der Darstellung/Gestaltung erlauben und digitale Collagen ermöglichen/zum Ergebnis haben.
Wolf Art thematisiert Bewegung über viele Zwischenstufen von einem, dem ersten Schritt über verschiedenen Situationen wie Eile, Gedränge bis hin zu den letzten Schritten in einer Beziehung oder in der letzten Lebensphase. Es geht dabei um die Beziehung zwischen Stand- und Spielbein, um das Verhältnis von Stabilität und Dynamik, um langsame und schnelle Bewegungsabläufe, um beschwingte und beschwerliche Schritte, um das breite phänomenologische Spektrum, den psychologischen Ausdrucksgehalt von Schritten. Anhand von Schritten und Bewegungen lassen sich Empfindungen, Aktionen und Situationen künstlerisch in Szene setzen, die Geschichten erzählen und dem Menschen buchstäblich „Beine machen“.
PAMPINALE VI: UMBRÜCHE - Standpunkte und Ausblicke
REISSWOLF – Objekte, Installationen, Videoanimation
der Künstlerinnen-Gruppe zart & zackig.
28. 8. - 9. 10. 2022
Die Ateliergemeinschaft zart & zackig ist aus dem weltweit einzigartigen Frauen-Museum Bonn hervorgegangen. Der ambivalente Name ist nicht nur kennzeichnend für das Selbstverständnis der Gruppe, sondern programmatisch für ihre Werke: berührend und widerspenstig, einfach und vieldeutig, individuell und allgemeingültig, profan und existentiell relevant. Das Alltägliche zur Kunst zu erheben und die Kunst zum Alltäglichen (frei nach Ulrike Herrmann, 1990) ist das Anliegen einer Jeden – und das mit je eigenen Ausdrucksformen, Gestaltungsmitteln, Medien, Techniken. Das macht die Ausstellung REISSWOLF vielseitig und spannend.
Der Titel wird in dreifacher Weise interpretiert: als Reißwolf, REISSwolf und ReißWOLF.
Parallel zu REISSWOLF erwartet Sie in der neuen Atelier-Galerie die Ausstellung Am Anfang war der Schritt von wolf ART.
In Zeichnung, FotoGrafik und Collage entfaltet der Künstler ein breites Spektrum von Bewegung : Begegnung : Beziehung - mit raffinierten hybriden Techniken erstellt.
Grußwort von Miro Zahra zur Eröffnung der artGalerie in LWL
Die Kulturlandschaft von Mecklenburg-Vorpommern ist geprägt nicht nur durch großartige historische Architektur, staatliche Institutionen und Landes- oder kommunale Museen, sondern besonders im Bereich der zeitgenössischen Bildenden Kunst ist unsere Kulturszene durch vielfältige freie Kulturszene, durch privates Engagement ihrer Akteurinnen und Akteure.
Kunst ist kein Selbstzweck, sondern immer ein Angebot und Anlass zur vielfältigen Kommunikation. Die Kunstvermittlung spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
Wolfgang und Ortrun haben sich diesem Thema verschrieben und haben viele Jahre mit großem Enthusiasmus das Kulturforum Pampin aufgebaut und geführt.
Daneben war Wolfgang immer kulturpolitisch tätig und hat sich aktiv in den öffentlichen Diskurs eingebracht.
Wir haben uns näher kennengelernt, als er Vorsitzender des Verbandes der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in MV wurde, wo ich seit zwei Jahrzehnten (inzwischen, oh Schreck!) aktiv im Vorstand mitarbeite. Die Vernetzung unter uns den Kulturmenschen ist wichtig, um besser gemeinsame Interessen auch gegenüber der Politik durchzusetzen.
Die besonderen Bedingungen, die den Austausch und auch die Vermittlung von zeitgenössischen Bildenden Kunst in unserem Bundesland wesentlich erschweren, sind die Ausdehnung des Landes, das Fehlen von großen Metropolen und auch das Fehlen einer Kunsthochschule, die für künstlerischen Nachwuchs automatisch sorgen würde. Das hindert uns aber nicht daran, diese besonderen Herausforderungen anzunehmen und am Thema zu bleiben. Ausdauer und Hartnäckigkeit, Kreativität und Kommunikationsfähigkeit sind nötig, um die Kulturszene lebendig und innovativ weiter zu entwickeln. Wir haben in diesem Zusammenhang aber auch einige Vorteile, z.B. dass es viel Platz und immer wieder Situationen und Orte gibt, die man mit Kunst und Kultur neu beseelen kann. Ich spreche da aus eigener Erfahrung als Künstlerin und Kuratorin. Offene Räume bringen neue und frische Ideen, erweitern geistige Horizonte und bringen viele unterschiedliche Menschen zusammen.
Ich wünsche der neuen Unternehmung von Wolfgang und Ortrun: der Galerie Fine Arts in Ludwigslust viel Erfolg, viele interessierte Besucherinnen und Besucher und nicht zuletzt kunstbegeisterte Menschen, die bereit sind, in Kunst und Künstlerinnen und Künstler zu investieren.
SVZ Ausgabe LWL Artikel über die artGalerie des kulturforums Pampin
Wolfgang Vogt ist überzeugt:
„Kunst hilft uns, nicht im Alltagstrott zu ersticken. Schließlich sind wir keine Maschinen, sondern Menschen.“ FOTO: THORSTEN MEIER
Neue „artGalerie“ in Ludwigslust
Wolfgang Vogt will Kunst und Kultur Heimstatt bieten
Von Thorsten Meier | 11.12.2022, 08:24 Uhr SVZ-Ludwigslust
Das Kulturforum Pampin unter Prof. Dr. Wolfgang Vogt hat in der Schlossstraße 22 eine „artGalerie“ in Ludwigslust eröffnet. Bis 18. Februar stellen vier Künstler Collagen aus.
Kunst stellt keine Bedingung auf Allgemeingültigkeit. Sie schafft damit aber die Möglichkeit, Freiräume zu öffnen. Denn um diese geht es seit kurzem in Ludwigslust.
„Wir wollen mit der artGalerie künftig Ausstellungen und Veranstaltungen mit Niveau zur Förderung von Kunst sowie Kultur durchführen“, erklärt Prof. Wolfgang Vogt sein und das Engagement seiner Frau Ortrun Venth-Vogt.
Denn das Kulturforum Pampin erweitere seinen Wirkungsradius. Beide haben jüngst die „artGalerie“ eröffnet. Die erste Ausstellung heißt „...es fügt sich – zur Kunst der Collage.“ Beides bedient Kunst und Kultur: „Sie bieten besonders in Krisenzeiten eine Stütze“, betont Vogt.
In der Schlossstraße 22 in Ludwigslust ist dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr die „artGalerie“ geöffnet. FOTO: THORSTEN MEIER
Er habe in der Schlossstraße 22 logistisch die Möglichkeit gefunden, einen im Südwesten Mecklenburgs einmaligen Kunstort zu schaffen, so der 82-Jährige. „Nachdem der Gelbe Salon in Ludwigslust seinen Betrieb eingestellt hatte, war ein Vakuum entstanden. Das soll nun der Vergangenheit angehören. Als ich die Lage sah, war ich sofort begeistert“, bekennt Vogt weiter.
Kunst muss neue Perspektiven aufzeigen, soll Mut machen
Galerien seien zwar heutzutage ein Zuschussgeschäft, dennoch unverzichtbar. „Kunst muss neue Perspektiven aufzeigen, soll Mut machen und ein Gegengewicht zu zerstörerischen Tendenzen setzen.“ Man müsse Kunstschaffenden die Möglichkeit geben, ihre Werke zu präsentieren - die Auswahl erfolge anhand von Kriterien gelungener und nicht beliebiger Kunst.
„Wir sehen uns als eine Art Scharnier zwischen den Kunstschaffenden und den Besuchern. Das trägt zur Entwicklung eines reflektierten, informierten und qualifizierten Kunstverständnisses bei.“ Die „artGalerie“ fungiere als Außenstelle des Kulturforums Pampin - einer gemeinnützigen GmbH.
Collage-Technik ist 100 Jahre alt und hat sich durchgesetzt
Sie sei ausschließlich gemeinnützigen Zwecken verpflichtet, das heiße, alle Einnahmen dienten deren Erfüllung. Gezeigt würden bis 18. Februar 2023 Collagen von Wolf Art, Hellmut Martensen, Ralf-Rainer Odenwald und Inge Rubbert.
„Die Technik ist 100 Jahre alt und hat sich durchgesetzt. Zwischendurch war sie in Vergessenheit geraten, doch nun ist sie als Stilmittel aktueller denn je“, erklärt Vogt.
In Ausstellungsmappen sind weitere Kunstwerke zu betrachten. Alles Ausgestellte ist auch käuflich zu erwerben. FOTO: THORSTEN MEIER
Sie passe unglaublich gut in die heutige Gesellschaft, die ja irgendwie auch als Flickenteppich daher komme. „Viele Einzelteile scheinen derzeit auch nicht in das allgemeine Bild zu passen, doch dann fügen sie sich als besondere Kunst. Wir wollen auch einen gesellschaftskritischen Anspruch verfolgen.“
Ausstellungen wechseln viermal im Jahr
Viermal im Jahresverlauf, also Frühling, Sommer, Herbst und Winter, sollen die Ausstellungen wechseln, kündigt Vogt an, der überdies nicht zu erwähnen vergisst, dass der Kreiskunstkulturrat die Bemühungen der kleinen Galerie unterstützen wolle.
„Wir wollen ein Forum werden, in dem die freie Kulturszene eine Heimstatt erhält. Regelmäßige Treffen sind ebenfalls geplant.“
Die neue Galerie soll ein Forum werden, in dem die freie Kulturszene eine Heimstatt erhält. Regelmäßige Treffen sind ebenfalls geplant. FOTO: THORSTEN MEIER
Es gehe darum, die kulturelle Angebotsqualität im Landkreis durch Verdichtung und Vernetzung weiterzuentwickeln, den Künstlern kontinuierliche Ausstellungsmöglichkeiten im Landkreis zu schaffen, um ihnen berechenbare Einkommen zu bieten, führt Vogt aus, der von 2008 bis 2011 Mitglied des Kulturbeirats im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern war.
Alles Ausgestellte ist auch käuflich zu erwerben
Alles Ausgestellte ist deshalb auch käuflich zu erwerben. Kulturinteressierte Touristen aus den Ballungsräumen Hamburg wie auch Berlin sowie Urlaubsgäste und natürlich zahlreiche Bewohner des Landkreises lechzten geradezu nach kulturellen Angeboten. Soll heißen: Kultur verstetigt, Kunst bricht auf.
Beides wirkt ineinander und kann nicht ohne das andere, beides brauchen Menschen zum Leben. Sie benötigen die Gewissheit und den grenzenden Horizont, gleichzeitig aber auch die Freiheit und die Versuchung, hinter allen letztlich ausgedachten Grenzen Neues zu entdecken.
Menschen leben nicht im luftleeren Raum
Wolfgang Vogt: „Wir bewegen uns in dem, was wir als Menschen sind oder sein wollen ja nicht in einem luftleeren Raum, sondern setzen uns mit dem, was uns umgibt oder umgab, in Beziehung und erschaffen dadurch erst unser Sein.“
REISSWOLF - Ausstellung der Künstlerinnengruppe zart & zackig aus NRW im Rahmen der PAMPINALE 6 UMBRÜCHE 28. 8. – 9. 10. 22
Der ambivalente Name zart & zackig ist nicht nur kennzeichnend für das Selbstverständnis der Gruppe, sondern programmatisch für ihre Werke: berührend und widerspenstig, einfach und vieldeutig, individuell und allgemeingültig, profan und existentiell relevant. Das Alltägliche zur Kunst zu erheben und die Kunst zum Alltäglichen (frei nach Ulrike Herrmann, 1990) ist das Anliegen einer Jeden – und das mit je eigenen Ausdrucksformen, Gestaltungsmitteln, Medien, Techniken. Dabei vereint sie das Anliegen, mit einfachen, banalen Materialien zu arbeiten.
Will man die Ansprüche, die Arbeits- und Ausdrucksweise der Künstlerinnen-Gruppe z & z einer Kunstrichtung zuordnen, so drängt sich ihre Nähe zur Konzeptkunst und arte povera auf.
Das von der PAMPINALE 6 vorgegebene Thema UMBRÜCHE – Kunst im Zeichen der Krisen – passt genau in ihr Konzept. Sie haben es für die Realisierung ihrer Ideen noch weiter ausdifferenziert und ihrer Ausstellung den vielsagenden Titel REISSWOLF gegeben.
In den künstlerischen Exponaten – Objekten, Installationen, Computeranimation – konkretisieren sich unterschiedliche Bedeutungsfacetten unter einem großen gemeinsamen Dach: Zerstörung, Gefährdung. Der Titel der Ausstellung wird in dreifacher Weise interpretiert: als Reißwolf, REISSwolf und ReißWOLF.
In der Gruppe „Reißwolf“ sind es Gefahren für Leib und Leben: Wölfe von Marianne Pitzen als Metapher für das Unheimliche; als Speicher des Wissens und der Zeitgeschichte aufgrund des Materials: zerrissene Zeitungen und Leim. Marianne Pitzen ist die Gründerin des Frauen-Museums Bonn. Unter ihren vielen Auszeichnungen befindet sich das Bundesverdienstkreuz (1998). Lazarett von Heide Pawelzik als Parabel für die menschliche Existenz, u. a. für Verwundung und Heilung, physische wie psychische; leere Betten aus Eisen und Pappmaché, präsentiert in strenger geometrischer Anordnung - ästhetisch kühl und zugleich bedrückend. Die Computeranimation Einzeln sein von Anna S. von Holleben als Parabel für Disruption. Eine Ameise schert plötzlich ohne erkennbaren Grund aus der Massenbewegung aus und geht in eine andere Richtung. Warum?
Fotos einfügen:
Marianne Pitzen: Wölfe
Heide Pawelzik: Lazarett
Anna S. von Holleben: Einzeln sein
Eine zweite Gruppe, REISSwolf, geht von der wörtlichen Bedeutung von Reißwolf aus: Aktenvernichter. Die Zerstörung betrifft Dokumente, Geschriebenes, Gedrucktes, Medien.: Feldpostbriefe des im Krieg gefallenen Vaters von Tina Wedel werden von der Künstlerin zwischen den Zeilen überschrieben, auf diese Weise ‚beantwortet‘ und neu gestaltet. Die Präsentation auf rechteckigen Schieferplatten erinnert an Grabsteine.Zerknüllte Dokumente von Martine Metzing-Peyre verweisen auf einen Prozess von Konstruktion - Destruktion - Konstruktion. Handgeschriebene Texte werden zerrissen, wieder zusammengesetzt und in zerknüllte raumgreifende Papierobjekte geformt. Tina Schwichtenberg – als Gastkünstlerin bei z & z – hat bereits Anfang der 1990er Jahre das Thema „Reißwolf“ antizipiert. Ihre damals entstandenen Arbeiten sind heute genauso aktuell wie einst. Das Ruhekissen mit geschredderten STASI-Akten verweist auf die Vernichtung von belastendem Beweismaterial. So lässt es sich besser schlafen. Der zerschnittenen LeninBand stellt nicht nur den Leninismus, sondern Ideologien mit ihrem rigiden Absolutheitsanspruch grundsätzlich in Frage. Wenn Rahmen Trauer tragen /von Ilse Wegmann ist eine höchst ambivalente und gehaltvolle Installation. ihres Inhalts entleerte Rahmen entdecken ihre eigenen Werte, spielen nicht die Neben-, sondern die Hauptrolle. Sie umhüllen auf ausgeklügelte Weise mehrfach die Leere, die Leere ist nicht leer. Es stellt sich die philosophische Frage: Was ist Leere?
Fotos einfügen:
Tina Wedel: Feldpostbriefe
Martine Metzing-Peyre: Zerknüllte Dokumente
Tina Schwichtenberg: Lenin Band 1 – geschreddert
Ilse Wegmann: Wenn Rahmen Trauer tragen
Die dritte Gruppe ReißWOLF stellt relevante soziokulturelle Fragen: Marlen Seubert behandelt mit ihren Installationen, die sie vorzugsweise aus transparenten, luftig-leichten Tierhäuten, Schweineblasen und Eutern gestaltet, Themen von wuchtiger Schwere und vehementer Aktualität: Gewalt und Missbrauch, auferlegte Zwänge und Fanatismus, Schmerz und Leid.
Mit dem Exponat Tod durch Schokolade verknüpft Inge Broska die essentiellen Themen Essen und Sterben und mahnt, dass übermäßiger Genuss tödlich sein kann.
Fotos einfügen:
Marlen Seubert: Die Seelen der Kriegsopfer
Inge Broska: Tod durch Schokolade
HORTUS CONCLUSUS - Ausstellung der GEDOK MV im Rahmen der PAMPINALE 6 UMBRÜCHE 10. 7. - 21. 8. 2022
Nachdem 2020 die Künstlerinnen der GEDOK Hamburg zum Thema TURBULENZEN eine höchst erfolgreiche Ausstellung im kultuforum PAMPIN veranstaltet hatten, lag es nahe, auch die Mitglieder der GEDOK Mecklenburg-Vorpommern nach Pampin einzuladen. Zwölf von 19 Künstlerinnen haben zugesagt. In einem abwechslungsreichen Reigen aus Bildern, Fotografien, Objekten, Literatur und Musik präsentieren sie vom 10. 7. bis 21. 8. 22 ihre individuellen Interpretationen zum Thema HORTUS CONCLUSUS – ge-/verschlossener, eingehegter Garten.
Die Metapher bietet viel interpretatorischen Spielraum, insbesondere im Zusammenhang mit dem übergeordneten Motto UMBRÜCHE, das für die sog. Zeitenwende steht, für eine Welt, die in Unordnung geraten und voller Unsicherheiten ist, in der vieles, was gestern galt, heute nicht mehr gilt.
Wie reagiert man darauf? Gelassen oder hektisch, kontemplativ oder tatkräftig, sammelt Kraft in der Ruhe oder verfällt in Aktionismus, zieht sich zurück in sein privates Idyll oder nimmt teil am sozialen, kulturellen Leben, stellt sich den Herausforderungen oder schottet sich ab, verweigert sich? Oder...? Fragen über Fragen.
Die GEDOK wurde 1926 in Hamburg von Ida DEHMEL zur Förderung kunstschaffender Frauen gegründet und ist heute das europaweit größte Netzwerk der „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen und Kunstförderer“. Als Regionalgruppe Mecklenburg-Vorpommern e.V. hat sich 2007 eine kleine, aber tatkräftige Gruppe zusammengeschlossen. Heute kooperieren spartenübergreifend 25 Mitglieder aus den Bereichen Bildende Kunst, Angewandte Kunst, Darstellende Kunst, Literatur, Musik und der Kunstförderung als GEDOK M-V. Ziel ist es, die Kunst von Frauen stärker in der Öffentlichkeit zu platzieren und die GEDOK- Künstlerinnen als Frauennetzwerk auf diesem Weg zu ermutigen und zu unterstützen.
WER und WAS ist die GEDOK MV? Das erfahren Sie, wenn Sie den Link anklicken.
12 Künstlerinnen der GEDOK MV haben sich sehr engagiert und individuell mit dem Thema HORTUS CONCLUSUS auseinandergesetzt. Die Metapher bietet viel interpretatorischen Spielraum, insbesondere im Zusammenhang mit dem übergeordneten Motto UMBRÜCHE, das für die sog. Zeitenwende steht, für eine Welt, die in Unordnung geraten und voller Unsicherheiten ist, in der vieles, was gestern galt, heute nicht mehr gilt.
„Das Motiv des HORTUS CONCLUSUS taucht in der Bildenden Kunst, in der Literatur, in der Gartenkultur, in Filmen und Musik über die Jahrhunderte immer wieder auf; bisweilen als “secret garden“. Im Wortsinn bezeichnet HORTUS CONCLUSUS einen rundum geschlossenen Garten. Die Betonung liegt auf dem Fakt der Verschlossenheit. Es kann sich um einen metaphorischen, fiktiven oder einen realen Raum handeln. In jedem Fall geht es um Grenzziehung: Es gibt ein definiertes Innen und ein definiertes Außen. Wer darf diesen Garten betreten, wer muss draußen bleiben? Ist er nur der eigene Garten oder die Festung Europa? Ist es der geistige Raum, den künstliche Intelligenz und exzessive Hirnforschung bedrängen? Oder wird unser Denken durch deren Resultate bereichert? Ist es die eigene Gefühlswelt, die wir in uns verschließen möchten? Wem öffnen wir welchen Teil?
Wie reagiert man darauf? Gelassen oder hektisch, kontemplativ oder tatkräftig, sammelt Kraft in der Ruhe oder verfällt in Aktionismus, zieht sich zurück in sein privates Idyll oder nimmt teil am sozialen, kulturellen Leben, stellt sich den Herausforderungen oder schottet sich ab, verweigert sich? Oder...? Fragen über Fragen.
HORTUS CONCLUSUS ist ein Raum, der sich verwirklichen lässt - im Geiste wie in der Realität.“ (Text der GEDOK-MV zur Ausschreibung)
So unterschiedlich die individuellen künstlerischen Sichtweisen sind, zunächst gehen fast alle von einer „Schutzzone“ aus, aber mit variierenden Konnotationen und Funktionen. Hier ein paar Versuche, die individuellen Interpretationen zu skizzieren:
Für die Malerinnen Ursula Bahr und Dagmar Zehnel ist der HC vor allem eine zu schützende Intimsphäre, ein emotionaler Freiraum, in dem man seine Gefühle, Liebe und Leidenschaften, seine Erinnerungen ausleben kann. Diese Sicherheit gewährende Schutzzone soll für Außenstehende verborgen bleiben (Zehnel), ist aber fragil und wird durch Fremdeinwirkungen/Eindringlinge bedroht (Bahr).
Auch die Malerin und Sängerin Sophia Maeno verbindet mit dem HC ein Gefühlswelt, die aber - und hier ist ihre ganz individuelle Sichtweise – in sich gefestigt ist, nicht nur nach Innen, sondern auch nach Außen Stärke zeigt, der fremde Einflüsse/Störelemente nichts anhaben können.
Die Fotografin Angela Fensch stellt den Menschen in seiner Individualität in den Mittelpunkt. Sie betrachtet ihn selbst quasi als Hortus Conclusus, als ein komplexes, in sich geschlossenes System, das sich gegen äußere, zeitgeistige Einflüsse abschirmt.In Langzeitprojekten verfolgt sie die persönlichen Entwicklungen.
Die Malerin Anke Weßling geht vom Menschen aus. Sie sieht ihn nicht nur in Beziehung zu sich selber, sondern als Mitglied einer sich ständig verändernden Gesellschaft und Umwelt.
Einen ganz realen HORTUS CONCLUSUS hat die Malerin Martina Schultz bei einem Workshop im Gewächshaus von Dreilützow gefunden. Die hier gewonnenen Inspirationen und vorgefundenen natürlichen Materialien hat sie künstlerisch verarbeitet.
Für die Malerin Monika Hellwig stellt sich der HC als kreativer Experimentierraum dar, der vorerst nur einem exklusiven Interessentenkreis zugänglich ist, in dem etwas heranreifen kann, bevor es öffentlich vorgestellt wird.
Die Künstlerin Susanna Schultz hat zu dem Thema HORTUS CONCLUSUS sehr unterschiedliche Ideen, die sie kunstvoll als textliche Elemente oder Bildmotive in textile Materialien einarbeitet, als (Traumwelt-)Collagen und Mobiles verwirklicht.
Die Künstlerinnen Silke Krempien (Installation) und Elvira Martens (Glasgestaltung) berücksichtigen in ihren Interpretationen die gegenwärtigen sozio-kulturellen Entwicklungen und Umbrüche. Für sie ist der HC ein Sehnsuchtsort vieler, insbesondere in prekären Situationen lebender/auf der Flucht befindlicher Menschen, der aber oft eine Illusion, eine unerreichbare Vision bleibt (Krempien), oder aber als Vision neue Möglichkeiten der Weiterentwicklung eröffnet (Martens).