PAMPINER SIGNAL

Am 27. Juli 2014 fand im kulturforum PAMPIN in Kooperation mit SCULPTURE NETWORK - der größten europäischen Online-Plattform zur Förderung der dreidimensionalen Kunst - ein "Dialogue" zum Thema "Kunst in der Pampa - Wie kann das Erfolg haben?" statt. Eingeleitet wurde der "Dialogue" mit einem Interview mit dem Chairman von SCULPTURE NETWORK, Ralf Kirberg. Es folgte eine lebhafte Diskussion mit den Teilnehmern Cornelia Hass (Tourismusverband MV, Abteilungsleiterin Landtourismus/LandArt), Takwe Kaenders (Künstlerin, BBK MV), Dr. Michael Körner (Vorsitzender des Kulturrates MV), Prof. Dr. Wolfgang Vogt (GF kulturforum PAMPIN) unter Beteiligung des Publikums. Abschließend wurde als Beitrag zum kulturpolitischen Diskurs in MV das PAMPINER SIGNAL verteilt und zur Erstunterzeichnung ausgelegt.

Ein Beitrag zum kulturpolitischen Diskurs in M-V

Kulturpolitik in einem Flächenland wie MV - dünnbesiedelt, überaltert, wirtschaftsschwach, finanzarm, mit vielen peripher gelegenen Räumen („Pampas“) etc. - ist eine komplizierte, nicht einfach zu lösende Aufgabe, deren Bewältigung große Anstrengungen vieler Beteiligter erfordert. Angesichts ihrer Komplexität sind die vielfältigen Herausforderungen einer ambitionierten Kulturpolitik weder durch eine noch so engagierte „Ein-Mann-oder-Frau-Show“ noch durch einen allumfassenden Master- oder Zauberplan zu lösen.

Es ist zu begrüßen, dass die Kulturpolitik in MV in Bewegung geraten ist. Zu unterstützen ist der durch die Politik eingeleitete Reformprozess, weil es einen Problemstau in vielen Bereichen von Kunst und Kultur gab und gibt, der dringend abgearbeitet werden muss. Dies gilt für die Strukturierung und Aktualisierung der Förderrichtlinien („Drei-Säulen-Modell“), die Evaluierung und Konsolidierung der Theater- und Orchesterszene, die Modernisierung des Kulturportals, die Vernetzung der Akteure u.v.m.

Kunst und Kultur bedürfen - wenn sie nicht veröden wollen - der engagierten und couragierten, kritischen und konstruktiven Begleitung, Einmischung und Beachtung durch einen lebendigen Diskurs in der Öffentlichkeit. Es bedarf eines demokratischen Streitens über die Visionen, Prinzipien und Ziele, die Prozeduren und Strukturen, die Inhalte und Akteure einer perspektivisch angelegten Kulturpolitik, die allen verfügbaren Kompetenzen und Potenzialen einen möglichst großen Spielraum zur Entfaltung bietet. Die eingeleitete Kulturpolitik ist ein vielversprechender Einstieg, sie bedarf aber der konsequenten Umsetzung, der qualifizierten Weiterentwicklung und der dialogischen Begleitung.

Damit ein solcher Diskurs nicht in ein geschwätziges, folgenloses Palaver mit medialer Vervielfachung abgleitet, ist es sinnvoll, Prüfsteine und Relevanzkriterien zu benennen, anhand derer die zahlreichen Beiträge und Vorschläge perzipiert, strukturiert und evaluiert werden können.

Eine zukunftsorientierte Kulturpolitik...

  1. ... sollte anhand reflektierter Visionen und handlungsleitender Prinzipien, vereinbarter Ziele und umsetzbarer Projekte erfolgen, die allen Beteiligten und Interessierten die Möglichkeit der demokratischen Beteiligung und kompetenten Einbringung eröffnen; - hierbei bedarf es der Konkretisierung und Operationalisierung.
  2. ... sollte sich nicht in der Regulierung und Strukturierung verwaltungstechnischer Vorgaben und Abläufe erschöpfen, sondern aktiv und partizipativ Rahmenbedingungen für Verbesserungen der Substanz, Qualität und Relevanz von Kunst und Kultur schaffen.
  3. ... sollte faktisch als integrierte Querschnittsaufgabe betrieben werden, d.h. alle Ressorts der Regierung und Verwaltung in die Entwicklung, Gestaltung und Finanzierung von Kunst und Kultur als der Grundlage für den Zusammenhalt und Fortbestand der Gesellschaft einbeziehen - und zwar nicht nur verbal, sondern in der Praxis und zwar substanziell durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur nachhaltigen, integral verankerten Unterstützung von Kunst und Kultur.
  4. ...hat eine der Bedeutung von Kunst und Kultur angemessene Finanz- und Personalausstattung zu gewährleisten. Dazu gehört nicht nur (1.) eine Entdeckelung der Kulturetats auf allen Politik- und Verwaltungsebenen (Land, Kreise, Kommunen) und (2.) eine Koppelung der Kulturetats an das Wachstum der Steueraufkommen, (3.) die Ausweitung der Erhebungsgrundlagen für „Kunst am Bau / im öffentlichen Raum“ auf alle mit Staats- und Fördermitteln realisierten Bauvorhaben (z.B. Autobahnen, Gleis- und Brückenbau) sowie (4.) eine spürbare Erhöhung der Quote, (5.) die Erhebung einer Kulturabgabe (pro Übernachtung) sowie die (6.) Platzierung einer „Kulturaktie“. Nicht zuletzt geht es (7.) um die aktive, systematische Vermittlung von Mäzenen und Sponsoren durch die Politik, (8.) die Unterstützung von Antragstellern bei Förderanträgen durch eine Vollzeit-Servicestelle in den Kulturverwaltungen (Land, Kreise, Kommunen), (9.) den Ausbau von „Public-Privat-Partnership-Projekten“ im Kunst- und Kulturbereich, (10.) die Förderung der Gründung privater Kulturstiftungen und (11.) nicht zuletzt die Gründung bzw. Entwicklung öffentlicher Kunst- und Kulturstiftungen auf Landes-, Kreis- und Kommunalebene in M-V.  
  5. ... hat Strukturen und Prozeduren zu etablieren bzw. zu protegieren, die eine systematische, kontinuierliche, transparente, kooperative und demokratische Beteiligung zwischen der Politik und den Verwaltungen auf der einen Seite und den Kulturakteuren (KünstlerInnen / KulturvermittlerInnen)sowie den Kulturrezipienten  auf der anderen Seite sicherstellen, z.B. durch die gemeinschaftlichen Formulierungen von Leitlinien für die Kulturpolitik, durch die Durchführung wiederkehrender Kulturkonferenzen (auf Landes-, Kreis- und Kommunalebene), durch die Bereitstellung von Informationsportalen/-plattformen (im Internet) sowie die Beförderung zur Gründung eigenständiger Kulturräte als Ansprechpartner auf Augenhöhe (mit substanziellen Befugnissen und Verantwortungen).
  6. ... hat die staatliche Entwicklung und Förderung von Kunst und Kultur in den rechtlichen Status einer „Pflichtaufgabe“ zu erheben, damit diese Bereiche in den schärfer werdenden Verteilungskonflikten um knapper werdende Mittel (Bevölkerungsrückgang, Auslaufen der Solidaritätsabgabe, Abnahme der EU-Förderung) nicht als bloße „Kann-Aufgaben“ nachrangig behandelt werden und nicht - wie so oft - dem Rotstift zum Opfer fallen und als sog. „weiche Bereiche“ überproportional Kürzungen ausgesetzt sind.
  7. ... hat Balancen und Gerechtigkeiten zwischen den einzelnen Sparten/Genres von Kunst und Kultur, zwischen sog. „Leuchttürmen“ und Kunst/Kultur in peripheren Räumen („Pampa) sowie eine Ausgewogenheit der Unterstützung und Förderung zwischen darstellender und bildender Kunst, „verbeamteter“ und „Freier Kunst“, NachwuchskünstlerInnen und etablierten KünstlerInnen herzustellen.
  8. ... hat der „Kulturellen Bildung“ jene vorrangige Aufmerksamkeit zu widmen, die ihr angesichts ihrer basalen Bedeutung für die Entwicklung und Entfaltung von Fertigkeiten und Fähigkeiten, Kompetenzen und Potenzialen insbesondere für die heranwachsenden Generationen zukommt. Die Bürger und Bürgerinnen müssen so früh wie möglich durch eine Kultivierung der Sozialisationsprozesse mental und kognitiv mit den Erfahrungs- und Erlebnisbereichen von Kunst und Kultur so vertraut gemacht werden, dass sie sich als KulturbürgerInnen aktiv und selbstbestimmt in die kulturellen Prozesse unserer Gesellschaft einbringen, Kunst und Kultur als Bereicherung ihres Lebens begreifen und für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit nutzen können. „Kulturelle Bildung“ ist die bestmögliche Antwort und präventive Absicherung gegen die Anfechtungen von Gewalt und Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft.
  9. ... hat existenzsichernde Bedingungen für die „creative class“ der Kulturschaffenden und -vermittelnden zu stärken bzw. zu entwickeln, die es den Künstlern und Künstlerinnen (insbesondere der „Freien Kunst“) ermöglichen, ihre oft prekäre (materielle) Lage so zu verbessern, dass die „Kunst von der Kunst zu leben“ nicht nur eine wohlfeile Forderung bleibt, sondern die Kreativen in die Lage versetzt, ihrer eigentlichen Berufung nachzugehen und d.h. ihre künstlerischen Potenziale kreativ umzusetzen und der Gesellschaft verfügbar zu machen.
  10. ... hat der Kunst und Kultur endlich jenen gebührenden, bedeutsamen Stellenwert für die Entwicklung und Gestaltung unserer Gesellschaft und damit für die Zukunft aller BürgerInnen zu verschaffen, der ihnen als Basis und Zentrum für Sinnstiftung und Wertevermittlung, Selbstverwirklichung und Integration zukommt. Der ansprüchliche Begriff vom „Kulturland M-V“ ist durch die Schaffung adäquater Bedingungen für Kunst und Kultur in diesem Bundesland nicht nur als Werbeslogan zu instrumentalisieren, sondern angemessen in die Wirklichkeit umzusetzen und tatkräftig und ernsthaft, d.h. nicht nur verbal zu realisieren.   

Dieses Signal wurde im kulturforum PAMPIN in vielen Gesprächen und Diskussionen mit von/an der Kunst und Kultur direkt Betroffenen und Beteiligten, kulturpolitisch Interessierten und Engagierten erarbeitet, diskutiert und redigiert. Damit dieses Signal öffentliche und politische Wirkung erzielen kann, bedarf es der Unterstützung, Unterzeichnung und Verbreitung - es geht darum, dieses Signal im weiteren Umfeld bekannt zu machen, um die Planung, Entwicklung und Gestaltung der Kulturpolitik in M-V in nachhaltiger Weise weiter voran zu bringen. Wir bitten Sie/Euch daher um Ihre/Eure Unterstützung durch Ihre/Eure Unterschrift und eine sytematische, möglichst weite Verbreitung nach dem Schneeballsystem. 

Presserechtliche Verantwortlichkeit: Prof. Dr. Wolfgang Vogt